Geschichte des Deutschen Instituts für Tropische und Subtropische Landwirtschaft (DITSL)

Der Name der Gesellschaft "Deutsches Institut für tropische und subtropische Landwirtschaft GmbH" mit dem Kürzel DITSL entstand 1956. Vorgängereinrichtung ist die 1898 gegründete Deutsche Kolonialschule GmbH (DKS). Die 100-jährige Geschichte ist dokumentiert in:

Eckhard Baum, 1997: Daheim und überm Meer - Von der Deutschen Kolonialschule zum Deutschen Institut für tropische und subtropische Landwirtschaft in Witzenhausen.
Selbstverlag DITSL, 232 Seiten, zahlreiche Photos und Abbildungen, ISBN 3-881122-894-2, Preis: € 10,-
Bestellungen (auch per E-Mail) bei der DITSL-Bibliothek [ siehe hier ].

Die DKS hatte ihre Wurzeln im kolonialistisch-imperialistischen Gedankengut des Kaiserreiches. Angehörige des Hochadels waren ebenso unter den Gründern wie der aufstrebende Stand rheinischer Industrieller, die in der Entwicklung deutscher Kolonien Zukunftschancen sahen.

1878 als eine der ersten kolonialen Vereinigungen im Deutschland der Kaiserzeit wird der Centralverein für Handelsgeographie und Förderung deutscher Interessen im Ausland in Berlin gegründet.
1881 als rheinischer Zweigverein des Centralvereins entsteht in Düsseldorf der Westdeutsche Verein für Kolonisation und Export.
1882 auf Initiative von Hermann Fürst zu Hohenlohe-Langenburg gründet sich in Frankfurt der Deutsche Kolonialverein (DKV).
1884 Dr. Karl Peters gründet die Gesellschaft für Deutsche Kolonisation (GfdK) und schließt Schutzverträge in Ostafrika.
Im Rahmen der Berliner Konferenz und mit der Annexion von Togo, Kamerun und Angra Pequena (Lüderitz Bucht) wird Deutschland Kolonialmacht.
1887 der Deutsche Kolonialverein (DKV) und die Gesellschaft für Deutsche Kolonisation (GfdK) vereinigen sich in Deutsche Kolonialgesellschaft (DKG). Das Seminar für orientalische Sprachen in Berlin, beginnt mit der sprachlichen Vorbildung angehender Kolonialbeamter.
Eine zweite Wurzel der DKS liegt in der Antisklavereibewegung und den Missionsgesellschaften, hier insbesondere die Rheinische Mission mit Sitz in Barmen.
1888 der Erzbischof von Algier und Karthago, Kardinal Lavigerie, gründet in Frankreich die christliche Antisklavereibewegung. Die deutsche Sektion der Antisklavereibewegung in Köln soll als überkonfessionelle Bewegung Mission und Kolonisation in Afrika fördern.
1893 die deutsche Antisklavereibewegung spaltet sich in den Afrikaverein deutscher Katholiken und den Evangelischen Afrika-Verein.
1897 der Divisionspfarrer E.A. Fabarius, Sekretär der Koblenzer Sektion des Rheinischen Verbands des Evangelischen Afrika-Vereins verfaßt die vertrauliche "Denkschrift zur Gründung einer Kolonialschule für Landwirtschaft, Handel und Gewerbe". Unter Vorsitz des Fabrikbesitzers Schlechtendahl, Barmen, etabliert sich in Köln eine "Vereinigung zur Errichtung einer Deutschen, Evangelischen Kolonialschule". E.A. Fabarius und Dr. P. Aldinger gründen den Evangelischen Hauptverein für deutsche Ansiedler und Auswanderer. Die Geschäfts-stelle wird nach der Gründung der Kolonialschule in Witzenhausen eingerichtet. 1928 über-siedelt der Verein nach Berlin.
Zur Gründung der DKS versagt der Evangelische Afrika-Verein seine Mitarbeit, da er die Ziele nicht mittragen kann. Träger der GmbH werden daher private Kaufleute, Fabrikanten und Plantagengesellschaften
1898 am 23. Mai, wird unter der Schirmherrschaft des Fürsten zu Wied im Schloss Neuwied die Deutsche Kolonialschule GmbH gegründet. Direktor wird der Divisionspfarrer E.A. Fabarius
Am 01. Juli werden die Preußische Domäne und das Wilhelmiten-kloster in Witzenhausen übernommen.
1899 am 15. Mai beginnt der Lehrbetrieb mit 12 Schülern.
1905 mit der Fertigstellung des Erweiterungsbaus steigt die Kapazität von 41 auf 90 Schüler.
1907 nach den Reichstagswahlen sind die Kolonien erstmals durch eine Gruppe junger kolonialerfahrener Abgeordneter aktiv vertreten, unter ihnen auch der Mitbegründer und spätere Direktor der DKS Dr. Wilhelm Arning. Nach dem Tode des Fürsten zu Wied übernimmt der Herzog von Mecklenburg, Präsident der Deutschen Kolonialgesellschaft, die Schirmherrschaft über die Deutsche Kolonialschule.
1907 29. Juni, nachdem das Reichskolonialamt geschaffen und der Leitung von Staatssekretär Dernburg unterstellt worden war, besucht dieser als eine seiner ersten Amtshandlungen Witzenhausen.
1908 06. Mai, Eröffnung der Kolonialfrauenschule. Am 23. Juli besucht daraufhin Kaiserin Viktoria die DKS. Die Schule zieht 1911 nach Bad Weilbach um, wo sie bis zum Ersten Weltkrieg besteht (von 1926 bis 1945 in Rendsburg).
1914 Die DKS stellt den Schulbetrieb ein, nachdem fast alle Schüler und Dozenten eingezogen worden sind. Die Gebäude werden als Kriegslazarett genutzt.

Bis zum Ersten Weltkrieg haben ca. 650 Schüler die DKS durchlaufen. Davon lebten 500 im Ausland, davon wiederum:
133 in Südwestafrika ( = 27 % )
88 in Ostafrika ( = 18 % )
32 in Kamerun ( = 6 %)

Die Zeit der Weimarer Republik ist geprägt vom starren Festhalten an den Bestrebungen zur Wiedergewinnung deutscher Kolonien. Nach anfänglichen Erfolgen der Demokratisierung im Schulbetrieb machen sich später politische Frontenbildung und Radikalisierung breit.

1919 09. Januar, der formale Lehrbetrieb wird wieder aufgenommen. Die DKS erhält eine Verfassung nach den Bestimmungen des allgemeinen deutschen Studentenrechts.
1922 Gründung des Altherrenverbandes der DKS. Dieser übernimmt den "Kulturpionier" als Verbandsorgan. Leiter des Verbandes wird Fabarius.
1923 Anerkennung der DKS als "reichswichtig und gemeinnützig" durch das Reichsinnenministerium.
1925 der DKS wird die Bezeichnung Kolonialhochschule im Untertitel zuerkannt.
1927 28. Oktober, Tod des Gründungsdirektors Prof. Fabarius.
1928 01. Februar, Stabsarzt a.D. Dr. Wilhelm Arning wird Direktor und Geschäftsführer der DKS. Er bekleidet dieses Amt bis zum 31. März 1934.
Zur Zeit des Nationalsozialismus wird die DKS von heftigen innerparteilichen Auseinandersetzungen erschüttert, die dringend erforderliche Reformen des Lehrkonzepts verhindern. Die Eingliederung in den Parteiapparat wird eingeleitet, die geplante Verstaatlichung aber im Zuge der Kriegswirren nicht mehr vollzogen.
1933 linientreue Parteimitglieder werden in den Aufsichtsrat entsannt. Dieser beschließt eine neue Satzung, die den nationalsozialistischen Geist festschreibt. Die Schüler werden in die Deutsche Studentenschaft (D.St,) eingegliedert und dem Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung unterstellt.
1934 S.A. Sturmhauptführer Karl W. Koch wird Direktor und Geschäftsführer der DKS.
1936 das Wohnheim der DKS wird Stammhaus des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbunds (N.S.D.St.B). und untersteht damit dem Reichsminister Rudolf Heß. Alle Schüler sind zwangsweise Mitglied im N.S.D.St.B.
1937 der Verband Alter Herren der DKS wird in "Verband Deutscher Koloniallandwirte e.V." umbenannt und auf Initiative des ehemaligen DKS-Schülers Reichbauernführer Walther Darré an den Reichsnährstand angegliedert. Als neuer Ehemaligenverband wird der "Fachschulring der Kolonialschule" als Glied der "NS-Studentenkampfhilfe" gegründet.
1938 19. November, die Studentenschaft der DKS meutert gegen den Direktor und zieht geschlossen auf Burg Ludwigstein. Unmittelbare Folge ist die fristlose Entlassung Kochs
1940 der neue Direktor und Geschäftsführer Landw.Rat Reinhold Köster leitet die Umgestaltung der DKS in eine Höhere Fachschule ein. Nachdem 1942 fast alle Schüler und Dozenten zum Kriegsdienst eingezogen und die Schulgebäude durch den Wehrmachtsfiskus zur Einrichtung eines Reservelazaretts beschlagnahmt worden waren, wird der Schulbetrieb 1944 endgültig eingestellt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg sind die Gebäude zunächst vom städtischen Krankenhaus belegt. Aber schon bald ziehen Bildungseinrichtungen der Agrarwirtschaft ein und der Komplex der landwirtschaftlichen Lehranstalten in Witzenhausen beginnt Gestalt anzunehmen. Es dauert allerdings bis 1957 bis der entwicklungsländerbezogene Lehretrieb in tropischer und subtropischer Landwirtschaft aufgenommen werden kann.
1946 Die DKS wird bis August 1947 der Vermögenskontrolle unterstellt, der Regierungspräsident übernimmt die Treuhänderschaft.
1947 Die in Kassel-Wolfsanger ausgebombte Höhere Landbauschule zieht in die Gebäude der DKS ein.
1952 Die städtische Mittelschule und die Kreisberufsschule nutzten die Gebäude der DKS.
1953 Die Deutsche Lehranstalt für Landtechnik (Deula) wird gegründet und etabliert sich in den Gebäuden der DKS.
1956 Die DKS wird umbenannt in "Deutsches Institut für Tropische und Subtropische Landwirtschaft" (DITSL).
1957 Mit der Eröffnung der "Lehranstalt für Tropische und Subtropische Landwirtschaft" übernimmt DITSL eine neue Aufgabe in der Ausbildung für die Entwicklungshilfe.
1966 Das Land Hessen übernimmt die Lehranstalt für Tropische und Subtropische Landwirtschaft und wandelt sie, ebenso wie die Höhere Landbauschule in eine 6-semestrige Ingenieurschule um.
1971 Die beiden Ingenieurschulen werden als Fachhochschulen in die neugegründete Gesamthochschule Kassel überführt
1972 Mit dem ersten Reintegrationskurs für Hochschulabsolventen aus Entwicklungsländern beginnt DITSL mit der Durchführung von Programmen der Aus- und Fortbildung für Fachkräfte aus der Dritten Welt. Die Palette der Programme wird in den Folgejahren erweitert.
1998 Der Fachbereich Landwirtschaft, Internationale Agrarentwicklung und Ökologische Umweltsicherung der Universität Gesamthochschule Kassel begeht zusammen mit DITSL das Jubiläum der 100-jährgen Agrarausbildung in Witzenhausen.